Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) sollte ein Meilenstein in der Nachhaltigkeitsberichterstattung werden. Einheitliche und verbindliche Vorgaben sollten Transparenz schaffen und für Wettbewerbsgleichheit sorgen. Doch Deutschland, einst Vorreiter bei der Umsetzung von EU-Richtlinien, steht nun massiv in der Kritik. Der bisherige Umgang mit der CSRD gefährdet nicht nur das Vertrauen in die deutsche Wirtschaft, sondern auch die Glaubwürdigkeit des Landes als europäischer Partner.
Das deutsche CSRD-Debakel
Die CSRD trat im Januar 2023 in Kraft und verlangt von den Mitgliedsstaaten, die Richtlinie bis Juli 2024 in nationales Recht umzusetzen. Doch während viele EU-Staaten längst klare Vorgaben geschaffen haben, hinkt Deutschland hinterher. Der Entwurf der Bundesregierung ignoriert wesentliche Teile der EU-Vorgaben, insbesondere die Einbindung unabhängiger Prüfer wie der TÜV-Organisationen. Diese Einschränkung verstößt laut einem Gutachten der Kanzlei Noerr gegen EU-Recht und sorgt für rechtliche Unsicherheit.
Der deutsche Ansatz torpediert nicht nur die Wettbewerbsgleichheit, sondern bevorzugt die großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften („Big 4“) und schließt kleinere Dienstleister aus. Das ist ein direkter Schlag gegen den Mittelstand, der ohnehin schon unter steigenden Kosten und komplexeren Berichtspflichten leidet.
Politisches Taktieren statt klarer Vorgaben
Die Bundesregierung wirkt zunehmend orientierungslos: Noch vor Kurzem plädierten Bundeskanzler Scholz und Justizminister Wissing für eine 1:1-Umsetzung der CSRD. Nun wird ein Aufschub gefordert – nur wenige Monate vor dem Stichtag. Wirtschaftsminister Habeck, dessen Partei die Richtlinie maßgeblich im EU-Parlament unterstützt hat, trägt die Kehrtwende mit.
Diese widersprüchlichen Signale lassen viele Unternehmen ratlos zurück. Während in anderen EU-Staaten die Berichtspflichten greifen, drohen deutschen Firmen erhebliche Wettbewerbsnachteile. Die Konsequenzen: fehlende Planungssicherheit, höhere Kosten und ein beschädigtes Vertrauen in den Standort Deutschland.
Deutschland isoliert sich selbst
Frankreich und Spanien zeigen, wie es besser geht: Beide Länder haben flexible Modelle etabliert, die auch den Mittelstand einbeziehen und unabhängige Prüfer zulassen. Deutschland dagegen setzt auf eine starre Auslegung, die weder den Zielen der CSRD gerecht wird noch die Unternehmen unterstützt.
Diese politische Kurzsichtigkeit ist nicht nur ein Symbol für Versagen, sondern auch ein Risiko für die Wirtschaft. Nachhaltigkeitsberichterstattung ist kein rein bürokratischer Akt – sie ist eine Chance, Transparenz und Vertrauen zu schaffen. Doch ohne klare Rahmenbedingungen wird aus dieser Chance ein schwer zu bewältigendes Hindernis.
Warum auch nicht verpflichtete Unternehmen handeln müssen
Die CSRD betrifft primär große Unternehmen, aber ihre Auswirkungen gehen weit darüber hinaus. Lieferanten, Partner und Kunden werden zunehmend von kleineren Unternehmen verlangen, CSRD-konforme Daten zu liefern. Wer jetzt nicht handelt, riskiert, mittelfristig von Geschäftspartnern als weniger verlässlich wahrgenommen zu werden.
Unternehmen, die frühzeitig handeln, positionieren sich nicht nur als vertrauenswürdige Partner, sondern schaffen sich Wettbewerbsvorteile. Nachhaltigkeit wird zur strategischen Notwendigkeit – auch für kleinere Betriebe.
Fazit: Verantwortung übernehmen statt auf Zeit spielen
Die CSRD ist keine Hürde, sondern eine Chance – für Unternehmen, Gesellschaft und den Klimaschutz. Doch Deutschland droht, diese Chance durch politische Kurzsichtigkeit zu verspielen. Es ist dringend notwendig, den Regierungsentwurf anzupassen und europarechtskonforme Regelungen zu schaffen. Unabhängige Prüfer müssen zugelassen und klare Vorgaben etabliert werden.
Es ist an der Zeit, Verantwortung zu übernehmen, statt Unternehmen weiter ins Chaos zu stürzen. Die Bundesregierung muss endlich den Rahmen schaffen, damit die Wirtschaft Planungssicherheit erhält und Deutschland nicht weiter an Reputation verliert.